Manchmal hätten wir gerne einfache Antworten. Wenn Pro- und Contra-Argumente gegenübergestellt werden, schimpfen die Leute nicht nur gegen die Seite, die nicht ihrer eigenen Ansicht ist, sondern mitunter wird auch beklagt, dass die Medien keine Lösung anbieten. Allerdings gibt es Sachverhalte, in denen sowohl gute Argumente für als auch gegen eine bestimmte Verhaltensweise formulierbar sind. Dann spricht man von einem Dilemma, redensartlich in der Form: „Wie man's macht, macht man's verkehrt.“ Die Trockenheit in den letzten Wochen führt zu Situationen, die auf ein Dilemma hinauslaufen. Mit dem Wassersparen ist das so. Einerseits ist es sicherlich nicht falsch, sparsam mit Wasser umzugehen, schließlich handelt es sich um ein großes Gut. Der Zugang zu sauberem Wasser gehört bekanntlich sogar zum Menschenrechtskatalog der UNO. Und auch wenn unsere Wasservorräte sehr groß sind, wissen wir ganz gut, welche Folgen der Wassermangel haben kann. Andererseits kann es zu Problemen kommen, wenn durch die Abwasserkanäle zu wenig Wasser fließt, so dass bei anhaltender Trockenheit Kanäle gespült werden müssen, damit Fäkalien abfließen. Denn Abwasserleitungen und Kläranlagen benötigen eine bestimmte Wassermenge, um ihren Zweck zu erfüllen.
Als umweltbewusster und sparsamer Verbraucher ist man irritiert. Offenbar kann es ein Fehler sein, Wasser bei der Hygiene und der Anwendung von Haushaltsgeräten zu sparen. Möglicherweise wird dadurch nämlich gerade das Gegenteil von dem erreicht, was bezweckt war. Denn zum Spülen von Abwasserkanälen müssen auch Wasser und Energie eingesetzt werden. Dazu kommt, dass Waschmaschinen mindesten alle zwei Wochen im 60-Grad-Programm laufen sollten, damit sich im Inneren Keime nicht vermehren. Bei ausschließlich niedrigem Wasserverbrauch drohen außerdem Ablagerungen und Verstopfungen, die zu vorzeitigem Verschleiß und Austausch gegen ein neues Gerät führen, zu dessen Produktion wiederum Energie und Wasser nötig sind. Dann ist die Umweltbilanz schlechter als beabsichtigt. Ähnlich verhält es sich mit Spülmaschinen. Wer überwiegend mit Kurzprogrammen bei 40 bis 45 °C spült, kann sich eine verfettete und stinkende Maschine einhandeln. Die Folge ist: Manches Geschirrteil wird möglicherweise ein zweites Mal gespült – mit erneutem Energie- und Wassereinsatz.
Jetzt machen Sie sich aber bitte auch einmal Gedanken darüber, was auf dem „Deutschen Wasser Service Portal“ im Internet zu lesen ist (http://www.tag-des-wassers.com/vier-mythen---wasserverbrauch/index.html, aufgerufen am 26.07.18): „Wenn es möglich wäre, die Abwasserkanäle durch längeres Spülen auf der Toilette zu reinigen, dann spräche wenig dagegen, das auch so zu machen. Aber so funktioniert es nicht. Was die Kanalanlagen wirklich sauber macht, ist vielmehr ein ordentlicher Regenguss – oder, besser noch, ein richtig heftiges Gewitter. (... ) Um denselben Spüleffekt wie bei einem Gewitter durch einen höheren Wasserverbrauch in den Haushalten zu erzielen, müssten alle Menschen in einer Gemeinde gleichzeitig den Stöpsel aus der vollen Badewanne ziehen. Die Probleme mit verschlammten Kanälen haben überwiegend andere Ursachen als das Wasser sparen, beispielsweise zu groß dimensionierte Kanäle oder aber sehr trockene Sommer. Und dann muss man eben spülen. Dafür gibt es aber auch moderne Techniken wie Recyclingfahrzeuge, die gar nicht so viel Wasser benötigen wie gerne behauptet wird.“ Es ist wie mit dem ausgetrockneten Rasen und Garten: Punktuelles Gießen kann einen richtigen Landregen nicht ersetzen, aber gar nicht netzen, fällt doch schwer. So ähnlich ist es mit dem Wassersparen: Vermutlich bleibt ein ungutes Gefühl, wie auch immer Sie es damit halten.